Silvester zum Knast

Freiheit für alle sozialen und politischen Gefangenen!

Dass es Knäste gibt, in denen Menschen zum Teil viele Jahre ihres Lebens verbringen, ist für die meisten von uns völlig normal – das Bild dass wir von ihnen vermittelt bekommen ist in der Regel nicht unbedingt negativ. Zwar will niemand gern verknackt werden, aber wenn man Scheiße baut, muss man eben dafür sanktioniert werden. Wer im Knast landet, hat sich das selbst eingebrockt und wird durch die Haft geläutert. Es sind Schwerverbrecher, Betrüger und Mörder, vor denen der Rest der Gesellschaft um jeden Preis geschützt werden muss und als positiven Nebeneffekt verpspricht uns der Staat obendrein noch eine pädagogische „Resozialisierung“.
Dabei könnte das kaum weiter von der Realität entfernt sein.

Ein großer Teil der in der BRD gefangenen sitzen Ersatzfreiheitsstrafen ab, heißt sie verbringen ihr Leben hinter Gittern – abgeschnitten von Freunden und Familie – weil sie verhängte Geldstrafen nicht zahlen können. Geldstrafen, die in den meisten Fällen für nichtige Vergehen – kleine Ladendiebstähle, wiederholtes Schwarzfahren – verhängt werden. Sie sitzen im Knast, weil sie arm sind.
Ein weiterer beträchtlicher Teil sitzt in Haft, weil sie versuchen aus eben dieser Armut auszubrechen und gezwungen sind sich irgendwie über Wasser zu halten. Mit fehlender Perspektive auf gut bezahlte Jobs oder soziale Sicherheit und gesellschaftlicher Stigmatisierung führt der schnellste Weg zum Geld durch die (Klein-)kriminalität. Fast die Hälte aller Gefangenen in Deutschland sitzt für Eigentumsdelikte, Raub oder Drogenkriminalität ein. Das macht recht schnell klar, dass ein Großteil der Gefangen nicht wegen individueller Fehler oder Verwerfungen, sondern in Reaktion auf die Eigentumsverhältnisse – und die daraus folgenden Lebensbedingungen im Kapitalismus – „straffällig“ wird.

Das Märchen der Resozialisierung in Haft zerbricht am gleichen Problem – wer arm in den Knast geht, kommt ärmer raus. Man verliert seinen Job, die Wohnung kann nicht gehalten werden. Man kommt raus und steht vor dem nichts – klaut man sich dann sein Abendessen zusammen, weil man keinen Arbeitsplatz hat und als vorbestrafter Knacki gebrandmarkt, ohne Wohnung, keinen neuen bekommt, geht der ganze Scheiß von vorne los.

Neben den von Existenzbedrohender Armut betroffenen Teilen unserer Klasse füllen sich die Knäste seid Beginn ihres bestehen mit all denen Menschen die sich diesen Umständen widerspenstig entgegenstellen. Wer die dafür Verantwortlichen Eigentumsverhältnisse bekämpft oder sich konsequenterweise gegen den faschistischen Todfeind stellt und diesen politischen Widerstand auf nicht legalistische Weise führt, wird vom Staat verfolgt und soll hinter schwedischen Gardinen gebrochen werden. Die Beispiele dafür sind mehr als zahlreich, ob Antifa Ost oder die Ulm 5 – sie sind dem Staat ein Dorn im Auge, weil sie das Gewaltmonopol Infrage stellen und den politischen Kampf selbst in die Hand nehmen.
Nicht selten zeigt sich der staatliche Verfolgungswahn in politischen Indizienprozessen, die selbst nach bürgerlichem „Recht“ fragwürdig sind und die – mit hohen Haftstrafen, bei mangelnder Beweislage – in erster Linie ein Exempel statuieren sollen. Während die bürgerliche Staatsideologie versucht sich durch die sogennante „Rechtsstaatlichkeit“ zu legitimieren, muss für uns klar sein, dass unsere GenossInnen als politische Feinde eingeknastet werden, auch wenn die BRD in ihrer Selbstgerechtigkeit den Begriff des „politischen Gefangen“ leugnet.

Ob politischer oder sozialer Gefangener, der Knast soll sie brechen und gefügig machen. Unsere Schwestern und Brüder werden von ihren Liebsten getrennt und aus ihren sozialen Umfeldern gerissen. Vereinsamung und Isolation sollen jeden Funken Selbstbestimmung und Widerstand auslöschen. Der Zweck von Stacheldraht und Betonmauern dient nicht dem Schutz der Gesellschaft, sondern einzig und allein der Aufrechterhaltung und Befriedung der bestehenden Ordnung.

Zu Silvester wollen wir versuchen dieser Vereinsamung zumindest zeitweise etwas entegegenzusetzen und den Gefangenen zu zeigen, dass wir an sie denken. Trotz alledem muss klar sein, dass nur der organisierte Widerstand die Knastmauern sprengen und mit diesem Schweinesystem Schluss machen kann.

Deshalb: Silvester zum Knast – Freiheit für alle sozialen und politischen Gefangenen weltweit! Liebe und Kraft in Untergrund und Haft!

31.12. 17 Uhr – JVA Leinestraße (Leipzig)

Autor

Schreibe einen Kommentar