Alleinerziehend? Arbeiten? Ausgeschlossen!

Küche, Kinder, Kirche – vielen von euch sind die drei K’ bereits in Schulzeiten vorgestellt worden.
Gemeint ist damit der veraltete Blick auf eine Familie aus dem Bilderbuch. Wir alle kennen es – Mutter, Vater, Kind(er). Der Vater bringt die Brötchen heim, die Mutter möge dem nachkommen, wozu sie doch geboren ist: den Haushalt schmeißen, den Nachwuchs christlich erziehen und jeden Sonntag das ideale Bild zum Gottesdienst präsentieren.

Das dieses Ideal schon seit vielen Jahren nicht mehr dem entspricht, was wir heute leben, ist jedem bewusst. Der eine oder andere von euch ist vielleicht selbst im Haushalt einer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen. Wenn nicht, dann kennt ihr mit Sicherheit jemanden aus deinem Freundes-, Bekannten- oder Verwandtenkreis, der in einem alleinerziehenden Haushalt aufgewachsen ist.
Durchschnittlich lebte im Jahr 2019 mindestens ein Kind im alleinerziehenden deutschen Haushalt.
Davon lebten 87,9% der Kinder bei ihren Müttern.

Alleinerziehend = armutsgefährdet

Eine alleinerziehende Mutter hat viele Hürden zu bewältigen. Die größte Hürde ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Der Arbeitgeber weiß von ihrem Kind? Von ihrem Familienstand ‚alleinerziehend’ weiß er auch? Außerdem ist sie im fruchtbaren Alter – es könnte also Nachwuchs kommen? All das sind Ausschlusskriterien, welche die alleinerziehende für ihren möglichen Traumberuf disqualifizieren. Ihr Status gilt als unzuverlässig. Das Kind wird in der Kita eingewöhnt? Sie fällt aus. Ihr Kind bringt Hand – Mund – Fuss mit nach Hause? Sie fällt wieder aus.

Vom ersten Kindergartenbesuch bis ins Vorschulalter bringen Kinder durchschnittlich 10-12 Infekte pro Jahr mit nach Hause. Das Immunsystem des Kindes muss erst noch ‚lernen“. Die Produktivität einer alleinerziehenden Mutter rechnet sich für den Betrieb nicht. Die Wahrscheinlichkeit unter mehreren Bewerber*innen ausgewählt zu werden sinkt stark. Oft ist hier nur Teilzeit eine Lösung – bedeutet aber auch eine sehr niedrige Existenzgrundlage für die Mutter und ihr(e) Kind(er). Sie ist von familienfreundlichen Arbeitsverhältnissen abhängig. Diese gibt es häufig nur im Bereich der Care-Arbeit.

Care-Arbeit meint: Erzieher*innen, Pfleger*innen und jede Form der Arbeit, in welcher man sich um andere kümmert. Auch den Haushalt zu schmeißen ist eine Form von Care-Arbeit. Warum diese Berufe häufig familienfreundlich sind? Weil sie in der Regel durch Frauen, Töchter, Schwestern und Mütter, ausgeübt werden. Sie können sich in die Rolle der alleinerziehenden Mama hineinversetzen. Sie unterstützen und geben Chancen.

Im Jahr 2022 sind von allen alleinerziehenden Haushalten ca. 34% auf Sozialleistungen angewiesen.
Das Problem daran: meist stehen einem diese Sozialleistungen nur unterhalb eines gewissen Einkommens zu. Darüber hinaus muss man auch wissen, was einem zusteht und was man beantragen kann. Wenn man das dann weiß, darf man sich neben Arbeit, Haushalt und Kindererziehung noch durch das bürokratische Chaos des deutschen Staates kämpfen. Dabei wird einem die Bewilligung der Zuschüsse wie Unterhalt, Kinderfreibeträge oder Kinderzuschlage nicht mal garantiert.

Uns reichen keine Blumen!

Alleinerziehende Mütter leisten so unfassbar viel und meistern tagtäglich einen Spagat, den sich kaum jemand vorstellen kann, der nicht selbst in dieser Rolle ist. Meist bleiben sie selbst dabei auf der Strecke, weil sie sich um alles andere kümmern.

Es braucht viel mehr als einen Strauß Blumen, viel mehr als die Hoffnung auf einen familienfreundlichen Arbeitgeber, der einen trotz Kita – Eingewöhng und kranken Kindern mit zwei Augenzwinkern durch die Probezeit schleift! – wir fordern die Vergesellschaftung der Carearbeit! Das bedeutet konkret:

  • Kostenlose Kinderbetreuung für (arbeitende) Mütter
  • Kostenlose Essensausgaben für Kinder in Kita und Schule
  • Bedingungslose, zusätzliche Einkommen für alleinerziehende Familien
  • Kostenfreie Freizeitangebote für alleinerziehende Mütter und deren Kinder
  • Großküchen, Großwäschereien
  • Generationenübergreifende Wohnprojekte

Realistischere Forderungen, jetzt umsetzbare Maßnahmen wären so entlastende und konkrete Sachen wie

  • Kitafreiplätze
  • Kostenfreies Schulessen
  • Kostenfreie Ganztags-/außerschulische Aktivitäten
  • Kostenfreie Familienveranstaltungen in Freizeit der Eltern
  • 4-Tage-Woche

Liebe alleinerziehende Mamas – wir sehen euch. Wir sehen, was ihr im Alltag leistet. Wir sehen auch, dass ihr dafür viel zu wenig Anerkennung bekommt.

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