Krank ist das Gesundheitssystem!

Im Oktober und November beginnen wichtige Tarifauseinandersetzungen. Die „Tarifrunde der Länder“ (TdL) betrifft rund 2,2 Millionen Beschäftigte in Deutschland. Innerhalb dieser Gruppe befinden sich auch die Menschen, die in kommunalen Gesundheitswesen arbeiten, wie z.B. an der Leipziger Uni Klinik. Also exakt diese “Systemrelevanten”, die noch vor einem Jahr heftig gefeiert und beklatscht wurden. Gleichzeitig wurde das Thema zu Coronazeiten in so manch einer Talkshow aufgegriffen und wir konnten verschiedene Versprechungen von Polit-Bonzen bewundern.

Nach der Wahl sieht es irgendwie anders aus. Die Arbeitgeber haben bereits angekündigt, dass sie keinen Spielraum für Lohnsteigerungen sehen und erklären, mehr als 2,1 Prozent in diesem Jahr und 1,9 Prozent für das nächste Jahr, ist nicht drin. Ein Inflationsausgleich sei aus Sicht der Arbeitgeber daher nicht nötig.
Wie immer wird deutlich, sobald es nicht nur um warme Worte geht, sondern um die materielle Situation der arbeitenden Bevölkerung, werden die Fronten innerhalb unserer Gesellschaft deutlich sichtbar.
Die gewerkschaftlichen Forderungen nach einer Einkommenserhöhung von 5 Prozent, mindestens aber 150 Euro und für die Beschäftigten im Gesundheitswesen mindestens 300 Euro, sind mehr als berechtigt. Dies kann nur der erste Schritt für eine komplette Umkehr in der bisherigen kapitalistischen Gesundheitspolitik sein.

Krank ist das Gesundheitssystem

Noch immer droht dem Gesundheitssystem in Deutschland ein Kollaps. Seit Jahrzehnten haben alle Regierungen die Privatisierung und neoliberale Ausrichtung der Gesundheitsversorgung vorangetrieben. Dadurch sollte die medizinische Versorgung auf betriebswirtschaftliche Effizienz getrimmt werden und Krankenhäuser müssen maximalen Profit für ihre jeweiligen Eigentümer abwerfen.
Unsere Gesundheit ist schon seit langem hauptsächlich ein Geschäft für eine ganze transnationale Branche. Schon vor der jetzigen Pandemie haben tausende Stellen in Pflegeberufen gefehlt, weshalb immer weniger medizinisches Personal bei viel zu geringen Löhnen immer mehr PatientInnen versorgen musste. Kostenintensive Plätze auf Intensivstationen wurden abgebaut und ganze Krankenhäuser aufgrund mangelnder Rentabilität geschlossen. In einem der reichsten Länder der Welt stehen wir dem Virus deshalb mit einem Gesundheitssystem gegenüber, welches schon in „normalen“ Zeiten am Rande der Überlastung steht. Aktuell sieht es nach einem weiteren Corona-Winter mit entsprechend vielen Toten aus. Diesem bedrohlichen Normalzustand einzudämmen darf nicht auf die Schultern der Pflegeberufe abgewälzt werden.
Es ist Zeit, dass die Medizin auf den Menschen ausgerichtet wird und nicht auf Wirtschaftlichkeit und Gewinnmaximierung.

Ein Streik ist die richtige Therapie!

Mit der Einführung der Fallpauschalen, den sogenannten Diagnosis Related Groups (DRG), im Jahr 2004 wurde in der Bundesrepublik die medizinische Versorgung und damit ein Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge neoliberal ausgerichtet. Ursprünglich war damit angedacht vermeintlich bestehenden Fehlanreize der Finanzierung über tagesgleiche Pflegesätze zu stoppen (vorher war es so, dass egal wie die Diagnose lautet, es wurde für jeden Patienten gleich viel Geld von der Krankenkasse an die Klinik bezahlt). Mit der Veränderung wurden Krankenhäuser zu Fabriken getrimmt, so dass ökonomische Interessen in inakzeptabler Weise mit medizinischen Entscheidungen verbunden sind. Die betriebswirtschaftliche Ideologie bestimmt seitdem nicht nur das Leben und Arbeiten in den Kliniken. Sie ist auch zur zentralen Denkweise der Gesundheitspolitik geworden. Deshalb fordern wir eine Umkehr und die Abschaffung vom System der sogenannten Fallpauschalen. Gesundheitsversorgung muss wieder Daseinsvorsorge unter öffentlicher Verantwortung werden
Wir müssen Krankenhäuser wieder vergesellschaften und in kommunale, öffentliche oder gemeinnützige Hand überführen. Mögliche Gewinne aus dem Betrieb von medizinischen Einrichtungen dürfen nicht in die Taschen von Eigentümern und Aktionären fließen, sondern müssen in den entsprechenden Häusern und im Gesundheitsbereich verbleiben.
Das Allgemeinwohl muss bei Gesundheit und Pflege im Vordergrund stehen – nicht die Profitmöglichkeiten einzelner Konzerne. Der tatsächliche Bedarf muss für die Planung unserer Gesundheits- und Pflegelandschaft ausschlaggebend sein, nicht die Frage, ob Investoren sich Rendite versprechen. Die Finanzierung muss auf neue Füße gestellt werden. Wir brauchen deshalb eine Solidarische Gesundheitsversicherung. Alle zahlen ein, Beiträge werden auf alle Einkommen erhoben und mit diesem Geld werden alle gleich gut versorgt.
Die private Pflegeversicherung muss in eine allgemeine Versicherung für alle Menschen in Deutschland überführt werden. Die finanziellen Lasten müssen gerecht auf allen Schultern verteilt werden. Auch BeamtInnen, Abgeordnete und Selbstständige müssen entsprechend ihrem Einkommen in die Solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung einzahlen: auch auf Einkommen aus Kapitaleinnahmen und ohne eine Beitragsbemessungsgrenze, die die Millionäre schont.
Deshalb rufen wir euch auf, zusammen mit der DGB-Hochschulgruppe und dem Bündnis Gesundheit statt Profite Leipzig von der Uni zur Klinik zu laufen.
Zeigen wir uns solidarisch mit den Beschäftigten in Gesundheit und Pflege, denn jetzt sind die Tarifverhandlungen – lasst uns gemeinsam laut werden und Druck machen, denn die Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen sind schon viel zu lange nicht hinnehmbar!
Der alltägliche kapitalistische Wahnsinn ist das Problem und nicht ein Streik im Krankenhaus!
Den Klassenkampf organisieren!

Am 21.10.21 um 16 Uhr auf dem Augustusplatz!

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