Gegen Imperialismus und Kriegstreiberei – auf zum roten Rätedeutschland
Diese Woche jährte sich der Kieler Matrosenaufstand und die darauf folgende Gründung der ersten deutschen Arbeiter- und Soldatenräte zum 106. Mal. Dies ist ein Leuchtturm der Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung und unserer Geschichte als KommunistInnen. Er war der Startschuss für die Novemberrevolution, welche das alte Kaiserreich ein für alle mal von der Erde fegte. Dennoch gerät seine Bedeutung für die Arbeiterklasse immer weiter in Vergessenheit und gerade deshalb ist es unsere Pflicht über diese Ereignisse aufzuklären und zu erinnern, dass es um die Arbeiterbewegung einst anders stand.
Doch was ist überhaupt passiert?
Nachdem die Führung des deutschen Heeres die Niederlage Deutschlands im 1. Weltkrieg einräumte und zu Kapitulationsverhandlungen drängte, entschied sich die Seekriegsleitung eigenmächtig für eine letzte Schlacht, um einen ehrenvollen Untergang herbei zu schwören.
Der Plan war es mit der Hochseeflotte einen Angriff auf die Themsemündung zu starten und sich der haushoch überlegenen Grand Fleet der britischen Royal Navy in einer Endschlacht entgegen zu stellen. Damit wollten sie die neue Regierung unter Max von Baden und die Waffenstillstandsverhandlungen torpedieren. Dieses Vorhaben wäre eine reine Selbstmordaktion und der sichere Tod für 80.000 Matrosen gewesen.
Nachdem die Flotte nördlich von Wilhelmshaven auslief und die Mannschaften von den Plänen der Marineführung erfuhren, kam es zu Befehlsverweigerungen und Sabotageakten. Diese konnten nur durch die Androhung die Schiffe zu versenken nieder gerungen werden. Dieser Widerstand zwang die Kommandanten dennoch den Angriff abzublasen und die Geschwader zurück zu führen. Das III. Geschwader, welches der Hauptunruheherd war, wurde dabei zurück nach Kiel verlegt, auf der Fahrt wurden 48 Matrosen verhaftet.
Am 1. November erreichte das III. Geschwader Kiel, die Gefangenen kamen in die Arrestanstalt und ein anderer Teil der Besatzungsmitglieder bekam Landurlaub. Diese trafen sich noch am selben Abend im Gewerkschaftshaus, um einen Plan zu finden, das erneute Auslaufen der Flotte zu verhindern und die Gefangenen zu befreien. Zu diesem Zweck wurde eine Delegation zu den Offizieren entsandt, welche aber abwimmelt wurde. Trotzdem liesen sie sich davon nicht unterkriegen, da den Gefangenen die Todesstrafe drohte.
Durch Spitzel hatten die Kommandanten vom Treffen der Matrosen erfahren und verboten ihnen daraufhin den Zugang zu Gaststätten und dem Gewerkschaftshaus. Ungeachtet dessen trafen sich am 2. November 600 Matrosen, diesmal auf dem großen Exerzierplatz im Vieburger Gehölz. In mehreren Reden kam die Befreiung der Gefangenen zur Ansprache, sowie eine Unterstützungserklärung der Werftarbeiter. Des weiteren wurde aber auch die Relevanz der Dienstverweigerung betont, um das Wiederauslaufen zu verhindern. Ebenfalls waren drei Vertreter der USPD (eine Abspaltung der SPD, die gegen den Krieg war) anwesend, welche vollste Unterstützung versprachen. Diese fertigten noch am selben Abend tausende Handzettel an mit der Parole: ,,Kameraden schießt nicht auf eure Brüder! Arbeiter demonstriert in Massen, lasst die Soldaten nicht im Stich!“ Bei der Auflösung der Versammlung verhaftete eine eingetroffene Seekompanie knapp 70 Matrosen, ließ diese jedoch als Zeichen der Solidarität wieder frei.
Der 3. November begann mit der Verhaftung von 57 Besatzungsmitglieder der ,,Markgraf“. Das Seebataillon, welches die Gefangenen in die Arrestanstalt überführen sollten, verweigerte zuerst den Befehl und führte ihn danach nur unter Widerspruch durch. Derweilen besprachen die Kommandanten, wie sie die Versammlungen der Arbeiter unterbinden und eine mögliche Revolte verhindern konnten. Sie beschlossen nachmittags den Stadtalarm auszulösen, sowie mehr Patrouillen zu entsenden. Während eines Treffens mittags im Gewerkschaftshaus kamen 5.000 Menschen zusammen, hier wurden abermals die Kriegstreiber verurteilt und für die Versammlung am Nachmittag mobilisiert. Der Plan durch den Stadtalarm die Soldaten in die Kasernen zurück zu rufen schlug, wegen Befehlsverweigerung fehl und so versammelten sich 17:30 auf dem Großen Exerzierplatz knapp 6.000 Arbeiter, Matrosen und Soldaten. Nach ein paar Reden zog die Menge zur Gaststätte ,,Waldwiese“ wo eine Kompanie an Matrosen untergebracht war. 18:15 stürmten die Massen das Lokal von allen Seiten, erbeuteten Waffen und befreiten Gefangene. Danach zogen sie weiter in Richtung Innenstadt, überrannten Wachposten und entwaffneten eine Patrouille. Dabei riefen sie immer wieder die Parolen: ,,Es lebe die Internationale!“ und ,,Weg mit dem Kaiser!“. Hinter einer Kreuzung in der Innenstadt trafen die Demonstranten dann auf eine Postenkette aus königstreuen Offiziersrekruten. Deren Offizier wurde niedergeschlagen, jedoch feuerten die Posten nach zuerst verweigertem Schießbefehl aus Panik auf die Menge und flohen danach. Während des Kampfes wurden der Offizier, sowie ein ihm zu Hilfe eilender Polizist und ein weiterer Offizier, von den Revolutionären niedergeschossen, überlebten jedoch. Durch die Schüsse in die Masse wurden acht Demonstranten getötet und 31 verletzt. Nachdem Verstärkung der Königstreuen und auf die Demonstration einschossen, zerstreuten sich die Massen. Dies war der Beginn des Aufstands.
Am 4. November kam es immer weiter zu Unruhen und die Arbeiter der Germaniawerft und der Torpedowerkstatt traten in den Streik. Die Matrosen und Soldaten begannen auf dem Karsernengelände zu demonstrieren und bewaffneten sich. An diesem Tag wählten die Revolutionäre den ersten Soldatenrat mit dem Matrosen und späteren KPD-Gründungsmitglied Karl Artelt als ersten Vorsitzenden. Die Forderungen an die Kommandanten lauteten:
- Abdankung des Hohenzollernhauses.
- Aufhebung des Belagerungszustandes.
- Freilassung der gemaßregelten Kameraden vom 3. Geschwader.
- Freilassung aller im Zuchthaus sitzenden Kameraden von der Matrosenerhebung im Jahre 1917.
- Freilassung sämtlicher politischer Gefangenen.
- Einführung des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts für beide Geschlechter.
Die von den Offizieren gerufene Verstärkung von außerhalb kam zu spät, Kiel war in den Händen der Arbeiter und Soldaten! Noch am selben Tag wurden alle politischen Gefangenen freigelassen und die Verstärkung von Kiel abgezogen. Die Schiffe des III. Geschwaders welche am Tag aufgebrochen sind, wurden von den Soldaten übernommen und kamen am 9. November zurück. Über Kiel wehten die roten Fahnen.
Währenddessen trafen zwei Gesandte aus Berlin ein um an den Verhandlungen teilzunehmen, Conrad Haußmann und Gustav Noske (dieser spielte im Verrat der SPD an der Revolution eine besondere Rolle, unter seinem Kommando wurden die Revolutionäre, unter anderem Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, niedergeschlagen und ermordet) beide mit der Aufgabe die Revolution einzudämmen und eine Ausbreitung des Aufstandes zu verhindern. Noske rief in einer Rede zu Ordnung auf, gab sich jedoch dem Aufstand sympathisierend, die Aufständigen schluckten seine Lügen und interpretierten sein Kommen als Unterstützung.
Am Tag darauf trafen die Soldatenräte sich im Gewerkschaftshaus und begannen die Aktionen zu koordinieren und ein Programm für die Bewegung zu schreiben, außerdem wurde begonnen einen Sicherheitsdienst aufzubauen, denn die errungene Macht musste auch verteidigt werden. Ein paar Stunden darauf versammelten sich die Vertrauensleute der Kieler Arbeiterschaft und beschlossen den Generalstreik zur Unterstützung der Revolution und bildeten auch einen Arbeiterrat, dessen Vorsitzender der Gewerkschaftsführer Gustav Garbe wurde. Die Arbeiter und Soldaten machten jedoch den fatalen Fehler und übertrugen Noske, aufgrund ihrer Unerfahrenheit in Verwaltungsfragen, die Führung.
Dies rächte sich bereits am nächsten Tag, zwar war Kiel unter Kontrolle der Räte, jedoch machte sich aufgrund der schleppenden Ausweitung der Revolution eine flaute Stimmung breit. Der Verräter Noske wollte dies ausnutzen und die Revolutionäre zum Abbruch bewegen. Er verkündete, dass die Regierung in Berlin zu Kompromissen bereit wäre, wenn der Aufstand abgebrochen werden würde. Jedoch hielten die Arbeiter und Soldaten dagegen und lehnten den Vorschlag ab, dieser hätte nämlich ihre Entmachtung und die Wiederunterordnung unter die Offiziere bedeutet.
Am 7. November wurde die Wahl eines ,,Großen Soldatenrates“ organisiert, in dem alle Einheiten vertreten waren. Dieser wählte (leider Gottes) Noske in die Position, sowie einen Obersten Soldatenrates, welcher die Funktion der Regierung in Schleswig Holstein übernahm. Noske hatte es geschafft das Vertrauen bei den Soldaten wiederzuerlangen, obwohl er am Vortag noch den Abbruch des Aufstands forderte. Währenddessen breitete sich jedoch die Revolution immer weiter in Deutschland aus. So wurde zum Beispiel in Bayern durch Kurt Eisner der Freistaat gegründet.
Am 8. November wehten in fast ganz Deutschland die roten Fahnen. Die Revolution hatte Hamburg, Bremen, Frankfurt und Köln erreicht. Überall wählten die Soldaten und Arbeiter Räte und nahmen ihr Schicksal selbst in die Hand.
Am Tag darauf war die Revolution auch in Berlin erfolgreich. Der Reichskanzler Max von Baden gab die Abdankung Wilhelm II. Bekannt und die SPD übernahm die Regierungsgeschäfte. Währenddessen riefen getrennt voneinander der SPDler Philipp Scheidemann die Deutsche Republik und der Kommunist Karl Liebknecht die Freie Sozialistische Republik aus. Der Schwerpunkt der Revolution, die noch bis August 1919 lief, nach Berlin und Kiel verlor an Bedeutung. Im weiteren Verlauf kam es zum Verrat der SPD an den Arbeitern und zum Kampf zwischen den Revolutionären und denen welche beim bürgerlichen Staat bleiben wollten. Dies soll aber nicht Thema unseres Artikels sein.
Der Aufstand und die Revolution in Kiel stehen aber auch heute noch sinnbildlich für wichtige Punkte:
- Können wir Arbeiter und Unterdrückte vereint die Welt aus ihren Angeln heben und eine neue Welt errichten.
- Ist die Geschichte der deutschen Arbeiterbewegung voller Siege aber auch voller Niederlagen, aus denen wir lernen können und müssen, um die Revolution zu erreichen und uns zu befreien.
- Ist die Sozialdemokratie, trotz aller Schmeicheleien und Zusprüche, ein Verrat an der Arbeiterklasse.
Dies ist nur ein kleines Kapitel unserer Geschichte als Arbeiter und Kommunisten und wir hoffen, dass wir dieses durch unseren Text dem Leser etwas näher bringen konnten. Jedem der sich weiter mit der Novemberrevolution beschäftigen möchte können wir unter anderem die Broschüren der Genossen von Perspektive Kommunismus zum Thema herzlich empfehlen und verweisen hier gerne darauf.
Lasst uns aus der Geschichte lernen und sie als Inspiration nutzen – auf zu einem roten Rätedeutschland!
Rotfront
Die Broschüren von Perspektive Kommunismus: