Am Vormittag des 28.10. rief die Gewerkschaft IG Metall alle Beschäftigten im Wolfsburger VW-Werk zu einer Versammlung zusammen, um über die aktuellen Pläne des Vorstands zu informieren. Schnell war allen ArbeiterInnen klar, dass es sich nicht nur um ein mögliches Säbelrasseln des Konzerns vor der nächsten Tarifverhandlungsrunde handelt. Betriebsratschefin Daniela Cavallo verkündete die Hiobsbotschaft: Es sollen massiv Stellen abgebaut werden, von mehreren Zehntausend ist die Rede. Mindestens 3 der 10 Standorte in Deutschland sollen geschlossen werden, kein Werk sei sicher. Besonders gefährdet soll das Osnabrücker VW-Werk sein, allein hier würden 2300 Jobs wegfallen. Bedroht ist aber auch die Werke in Zwickau, Chemnitz und Dresden.
„Das ist der Plan des größten deutschen Industriekonzerns, in seiner Heimat Deutschland den Ausverkauf zu starten. Es ist das feste Vorhaben, die Standortregionen ausbluten zu lassen. Und es ist die klare Absicht, zehntausende Volkswagen-Beschäftigte in die Massenarbeitslosigkeit zu schicken.“ (Cavallo)
Zu den Werksschließungen plant der Vorstand auch weitere „betriebsbedingte“ Kündigungen, es sollen sogar ganze Abteilungen ins Ausland verlegt werden, wo ArbeiterInnen dann zu deutlich niedrigeren Löhnen die gleiche Arbeit verrichten sollen. Cavallo weißt die Belegschaft auf mögliche Lohneinbußen von bis zu 18% hin. „Wir sind geschockt, doch werden kämpfen“, heißt es von einem Arbeiter des Werks nach der Verkündung. Doch dieser klassenfeindliche Kurs kommt nicht aus heiterem Himmel, bereits Anfang September kündigte das Management an, dass die Tarifverträge aufgekündigt werden. Damit verfällt die hart erkämpfte Beschäftigungssicherung, die bereits seit 1994 gilt.
Doch wie konnte es soweit kommen? Ist es reines Missmanagement durch unfähige Führungskräfte und Vorstandsmitgliedern? Nicht nur. Zwar lag die Umsatzsteigerung und das Wachstum des Konzerns 2022 und 2023 unter den Erwartungen, dennoch konnten, besonders im letzten Jahr, sehr hohe Umsätze eingefahren werden. 2023 war die Rede von 332,3 Milliarden Euro, was einem Plus von 15,5 Prozent entspricht. Als operative Gewinnergebnis wurden 22,58 Milliarden Euro angegeben. Rein faktisch gesehen also mehr als genügend monetäre Mittel, um alle ArbeiterInnen zu halten und keine Werksschließungen vorzunehmen. Doch Arbeitsplatzsicherung ist nicht im Interresse der KapitalistInnen, wenn diese nicht der Gewinnmaximierung dient. Damit der Konzern seine monopolkapitalistische Stellung auf dem Weltmarkt halten kann, werden lieber Stellen der „teuren“ ArbeiterInnen gestrichen und in imperialistischer Manier Lohndumping im Ausland betrieben.
Prognosen zeigen fehlende Wachstumsperspektiven auf, besonders in den wichtigen Absatzmärkten in Asien sinkt die Nachfrage rapide. Aufgrund möglicher schwindender Umsätze und Gewinne in den kommenden Jahren zog damit VW jetzt also die „Notbremse“, wie es seitens der Konzern-Bonzen hieß. Doch wo floßen die Gewinne hin, wenn nicht in den Erhalt der Arbeitsplätze? Auch hier blieben die Kapitalisten sich treu, denn ein großer Teil floß in die eigenen Taschen. Im Vorstand sind die Gehälter siebenstellig. Der Vorstandsvorsitzende bekam 2022 ein Grundgehalt von 2.235.000 Euro und ein Bonus von 3.045.000 Euro p.a., die übrigen 8 Vorstandsmitglieder 1.420.000 Euro Grund- und 1.350.000 Bonusgehalt p.a.. Weitere 4,5 Milliarden Euro wurden an Aktionäre ausgeschüttet. Das Durchschnittsgehalt eines VW-Mitarbeiters widerum liegt nach aktuellen Schätzungen bei 4.700 Euro monatlich, damit 56.400 Euro jährlich. Der Klassenunterschied könnte kaum deutlicher sein.
Insgesamt zeigt sich auch hier einer der Widersprüche des Systems: die KapitalistInnen erweitern die Produktion mit immer neuerer Technik und automatisierten Systemen ins unermessliche, sie produzieren riesige Massen an Waren, stets auf der Jagd nach den höchsten Profiten. Doch mit immer höherer Produktionszahl, fällt es immer schwerer auch alle Produkte, in diesem Fall Fahrzeuge, zu verkaufen. Die HauptabnehmerInnen sind bei VW die ArbeiterInnenklasse, welchen jedoch klare finanzielle Grenzen gesetzt sind. Die Kauftkraft sinkt mit immer niedriger werdendem Reallohn und steigender Arbeitslosigkeit noch weiter. Infolgedessen stauen sich die Lagerbestände immer weiter an, die AusbeuterInnen verfehlen ihr Umsatzziel und entlassen ihrer ArbeiterInnen, schließen Werke und senken Löhne, wie auch bei VW. So verschäft sich der Widerspruch immer weiter und weiter. Doch ehe die zu viel produzierten Waren an die Volksmassen verteilt werden, würden die KapitalistInnen diese am ehesten noch vernichten, bei Überproduktion gängige Praxis.
Die Kapitalisten lassen zu viel produzieren, der arbeitenden Klasse geht es schlechter. Um diese immer wiederkehrenden Krisen abzuschaffen, müssen wir endlich den Kapitalismus überwinden. Wir müssen die bourgeoisen Kräfte und den deutschen Imperialismus gemeinsam, als starke und schlagkräftige ArbeiterInnenbewegung, bekämpfen. Am Beispiel der VW Werke sieht man erneut die klaren Grenzen, die ein nationaler Arbeitskampf mit sich bringt. Nur der Weg zum Sozialismus kann die Ausbeutung stoppen. Wir dürfen nicht weiter zulassen, dass ihre Krisen auf unserem Rücken ausgetragen werden. Kampf dem Kapital, wir Proletarier haben nichts weiter zu verlieren, als unsere Ketten!