Das neue „Sicherheitspaket“ – wie die Ampel Asyl- und Polizeigesetze weiter verschärfen will

Am 9. September legten die Regierungsparteien zwei Gesetzesentwürfe zur Änderung des Asyl-, Waffen- und Polizeirechts vor. Als Grund wird der Anschlang eines syrischen Islamisten in Solingen im August, bei dem 3 Menschen starben, angeführt, der bereits kurz nach der Tat durch beinahe alle bürgerlichen Lager hinweg, den Schrei nach „konsequenteren Abschiebungen“ erklingen ließ. Diese Forderungen sind zwar keineswegs neu, trotzdem wird der Anschlag von Solingen hier genutzt, um den Abschiebewahn der deutschen Politik weiter zu legitimieren und in Stein zu meiseln.

Die beiden Gesetzesentwürfe „Zur Verbesserung der inneren Sicherheit und des Asylsystems“ und „Zur Verbesserung der Terrorismusbekämpfung“ beinhalten unter anderem Verschärfungen im Waffen-, Asyl- und Aufenthalts-. sowie Polizeirechts.

Beispielsweise sollen die Schutzanerkennung Geflüchteter verweigert, bzw. aberkannt werden können, „wenn Straftaten mit einem antisemitischen, rassistischen, fremdenfeindlichen, geschlechtsspezifischen, gegen die sexuelle Orientierung gerichteten oder sonstigen menschenverachtender Beweggrund begangen wurden.“ Das ist zum einen mehr als heuchlerisch angesichts der unzähligen Rechten übergriffe, die queere Menschen, MigrantInnen oder JüdInnen und Muslime tagtäglich bedrohen. Zum anderen lässt sich leicht erahnen, dass diese Verschärfungen besonders palästinasolidarische MigrantInnen treffen werden. Gerade in Berlin werden also auf die ständigen Prügeleien der Bullen die Abschiebungen folgen.
Doch bereits Banalitäten, wie ein Urlaub Geflüchterer im Heimatland, sollen künftig als Grund für eine Abschiebung ausreichen können.

Darüber hinaus bekommt das BAMF (Bundesamt für Migration und Flucht) die Möglichkeit biometrische Erkennung im Internet zu Zwecken des Asylverfahrens zu verwenden. In Zukunft soll also für Menschen, die ohne Papiere nach Deutschland einreisen, eine Identitätsfeststellung durch biometrischen Abgleich mit Bildern im Internet ermöglicht werden. Zwar wird diese hier als eine Art „letzter Weg“ verkauft, der erst dann Anwendung finden soll, wenn „mildere“ Maßnahmen keine Identitätsfeststellung bieten können, allerdings schließen mildere Maßnahmen dabei auch die lückenlose Durchsuchung privater Geräte, daran geknüpfte Cloudspeicher usw. mit ein.

Auch die Polizei soll durch die vorgstellten Gesetzesentwürfe mehr Möglichkeiten zum Einsatz von biometrischer Suche im Internet bekommen. So soll es zukünftig möglich werden, vorhandene Bilder oder Stimmproben aus polizeilichen Datenbanken zum Abgleich mit öffentlich zugänglichen Bildern im Internet abzugleichen und Zielpersonen so zu identifizieren. Zielpersonen können dabei neben Verdächtigen beispielsweise auch ZeugInnen sein.
Zwar besteht hierbei aktuell noch die Einschränkung, dass lediglich bereits in Datenbanken vorhandenes Vergleichsmaterial genutzt werden darf, sowie die Nutzung von durch Wohnungsüberwachung oder Staatstrojaner gewonnenes Material untersagt wird. Angesichts der jahrelangen Erfahrung mit de facto rechtswidrigen Ermittlungstaktiken (beispielsweise die zahlreichen illegalen Hausdurchsuchungen), können wir uns auf diese Sicherheit keinesfalls verlassen.
Darüber hinaus sollen die Befugnisse von Bundespolizei und BKA dahingehend ausgeweitet werden, die Nutzung von KI basierter Auswertung verschiedenster Datenbanken zu ermöglichen.
Die auszuwertenden Datenbanken schließen dabei auch jegliche ZeugInnen oder als Dritte in Verfahren involvierte, mit ein. Spätestens mit dieser Information wird klar, dass auch diese Erkunngs- und Auswertungsmaßnahmen in keinster Weise ausschließlich der Terrorismusbekämpfung dienen, sondern viel mehr dazu, die ständige Überwachung großer Teile der Bevölkerung nach Bedarf zu ermöglichen.

Außerdem werden im Zuge der „Verbesserung der inneren Sicherheit“ bei Volksfesten und ähnlichen Veranstaltungen, an kriminalitätsbelasteten Orten, sowie im öffentlichen Personenverkehr und allen dazugehörigen Haltestellen, Messer jeglicher Klingenlänge untersagt oder untersagbar. Um diese Verbot umsetzen zu können werden zusätzliche Kontrollbefugnisse für die Polizeibehörden ergänzt.
Aus dem Gesetz ist also ersichtlich, dass dies kaum flächendeckend angewand werden kann, sondern viel mehr, nach Gutdünken der Bullen, zu anlasslosen Kontrollen an mehr und mehr öffentlichen Orten führen wird.

Zwar ist aktuell noch nichts beschlossen und auch aus den Regierungsparteien gibt es noch Kritik am Sicherheitspaket, wobei diese zum Teil auch von unzureichenden Maßnahmen (besonders beim Thema Migration) sprechen. Trotzdem ist bei den stetigen Verschärfungen der letzten Jahre ein deutlicher Trend zu erkennen. Dazu kommt, dass im ganzen Trubel um das Paket, beinahe untergeht, dass in Baden-Württemberg erst am 24.09. ein inhaltlich ähnliches Sicherheitspaket und Bundesländer wie Sachsen, neue Versammlungsgesetze verabschiedet haben, die im kleinen bereits beginnen eben jene Verschärfungen umzusetzen.

Anhand all dieser Änderungen und Verschärfungen wird schnell ersichtlich, dass diese viel weniger auf Terrorismusbekämpfung, als auf den Ausbau der staatlichen Überwachung, abzielen. Stetig werden in den letzten Jahren die Versammlungsgesetze verschärft und der Polizeiapparat mit all seinen Repressalien weiter ausgebaut. Hausdurchsuchungen bei antifaschistischen, internationalistischen oder antiimperialistischen GenossInnen gehören immer mehr zum traurigen Alltag.
Attentate wie in Solingen sind dabei nicht der Anlass, sondern die Rechtfertigung für die fortschreitende Überwachung und ständigen Eingriffe in die Privatssphäre. Den unzähligen MigrantInnen zum Beispiel, die in Deutschland tagtäglich Opfer von rechter Gewalt werden, wird mit Schweigen begegnet. Es geht Ihnen nicht um die Innere Sicherheit oder die Bekämpfung von Kriminalität, sondern um Kontrolle. Die Kontrolle von Migration und politischem Widerstand um den Wohlstand des deutschen Kapitals vor all denen zu verteidigen, die ihn produzieren. Die neuen Gesetzentwürfe sind ein weiteres Beispiel dafür, wie der deutsche Imperialismus rigoros gegen jene vorgeht, die ihn bekämpfen oder vor ihm flüchten müssen.

Doch Momente wie diese bieten uns als KommunistInnen auch die Möglichkeit aufzuzeigen, dass der Staat nicht, wie uns in der Schule vermittelt wird, unser optimales Zusammenleben, sondern unsere optimale Ausbeutung sicherstellen soll. Der bürgerliche Staat ist nicht mehr als ein Werkzeug der herrschenden Klasse, des Kapitals, das dazu dient ihre Klassenherrschaft entgegen aller inneren Widersprüche und dem objektiven Interesse der breiten Bevölkerung, aufrechtzuerhalten und zu festigen. Wir dürfen daher nicht aufhören aufzuzeigen, dass derartige Verwerfungen kein Problem aktueller Regierungen, sondern dem Kapitalismus inhärent sind.

Wir jedenfalls werden unseren Widerstand nicht brechen lassen. Egal wie oft sie unseren GenossInnen die Türen eintreten, wir lassen uns nicht kleinkriegen und stehen zusammen gegen Ihre Repression.

Gegenmacht Aufbauen – Kampf Ihrer Klassenjustiz

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