Zum Koalitionsvertrag 2025

Mit der Zustimmung im Mitgliedervotum der SPD Mitte letzter Woche steht der Unterzeichnung des schwarz-roten Koalitionsvertrags heute nichts mehr im Weg.
Auch wenn Papiere dieser Art meist nicht zu sehr ins Detail gehen, ist die grundlegende Stoßrichtung klar: Verschärfung der Asyl- bzw. Migrationspolitik, Verschärfungen beim Bürgergeld, Stärkung der Sicherheitsbehörden und vor allem: Aufrüstung.

Die neue Regierung ist auf Sparkurs unterwegs. Sparkurs bei allem, von dem die breite Masse der Bevölkerung wirklich profitieren könnte, während für Aufrüstungsvorhaben oder die innerdeutschen „Sicherheitsbehörden“ mehr als nur genügend Geld da zu sein scheint.

Verschärfungen in Asyl- und Migrationspolitik

Im Koalitionsvertrag werden die Asylrechtsverschärfungen beschlossen, die sich bereits im Wahlkampf nahezu aller bürgerlichen Lager abzeichneten. Man wolle „in Abstimmung mit unseren europäischen Nachbarn“ effektiver und konsequenter gegen „irreguläre Migration“ vorgehe
Im Klartext bedeutet das, dass Zurückweisungen an den deutschen Grenzen zukünftig auch Asylsuchende treffen können soll. Gefördert werden soll lediglich die „qualifizierte Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt“ aus ökonomischem Eigeninteresse.
Außerdem wird die beschleunigte Einbürgerung ersatzlos abgeschafft, die Möglichkeit Geflüchteter mit eingeschränktem Schutzstatus Familienmitglieder nach Deutschland zu holen wird für zwei Jahre ausgesetzt.

Die von der Union schon länger geforderten und euphemistisch „Bundesausreisezentren“ genannten Abschiebeknäste, in denen Ausreisepflichtige unbefristet festgehalten werden sollen, sind zwar (noch) nicht beschlossen, werden aber aktuell geprüft. Generell will die neue Bundesregierung die Zahl der „Rückführungen“ deutlich erhöhen.
Die Gelder die vergangene Regierungen für die Bekämpfung für Fluchtursachen bereitstellten (und die ohnehin nie im Ansatz ausreichend waren), sollen „angemessen Abgesenkt“ werden. Schwarz-Rot bekämpft lieber Geflüchtete als Fluchtursachen.

Der designierte Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) ist im übrigen der selbe, der sich für eine Drittstaatenlösung mit Ruanda als Partner starkmachte oder der forderte Arbeitslose Ukrainer sollen doch bitte zurück ins Kriegsland geschickt werden.

Aufrüstung und „Innere Sicherheit“

Wer im Koalitionsvertrag nach Aufrüstungsplänen der Regierung sucht, wird bereits in der Einleitung fündig. Union und SPD sprechen von einer Stärkung unserer „Verteidigungs- und Abschreckungsfähigkeit, um Freiheit und Frieden zu sichern.“, Deutschland solle sich „verteidigen können, um sich nicht verteidigen zu müssen.“.
Das Thema Aufrüstung zieht sich durch den gesamten Koalitionsvertrag. Alle Passagen zu Luftfahrt, maritimer Wirtschaft oder sogar Raumfahrt sind von militärischen Aspekten durchzogen, bei Unternehmensförderungen sollen militärische Aspekte ein zentrale Rolle spielen.

Die Wehrpflicht wird im Koalitionsvertrag zwar (noch) nicht beschlossen, dafür aber ein auf „Freiwilligkeit basierender Wehrdienst“, der zunächst einen verpflichtenden Fragebogen für männliche Jugendliche bedeutet. Dass die anvisierten Rekrutierungsziele der Bundeswehr hierdurch erreicht werden können, ist allerdings mehr als fraglich. Die Koalition will deshalb noch in diesem Jahr die Grundlagen für „Wehrerfassung und -überwachung schaffen“, also eine Erfassung aller jungen Menschen im wehrfähigen Alter.

Zu alldem kommt noch, dass, obwohl es angeblich überall an Geld fehlt, wo es der Bevölkerung wirklich helfen würde, „stringent und stetig steigende“ Militärausgaben beschlossen wurden. Genaue Zahlen werden zwar nicht genannt, die Aufhebung der Schuldenbremse für Aufrüstung lässt jedoch eine klare Richtung erkennen. Die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Orientierung an den NATO-Fähigkeitszielen, würde für Deutschland eine Erhöhung der jährlichen Militärausgaben um rund 65 Milliarden, auf mehr als 150 Milliarden Euro bedeuten, ohne jedes Sondervermögen.

Die Rolle der Jugendoffiziere der Bundeswehr soll gestärkt werden, es ist also davon auszugehen, dass die Bundeswehr zukünftig noch präsenter an deutschen Schulen werden wird.
Auch soll die Zusammenarbeit zwischen Bundeswehr und Sicherheitsbehörden stark ausgebaut, sowie die Befugnisse des Militärs im Inneren erweitert werden. Schon jetzt trainiert die Bundeswehr, im Rahmen der „Heimatschutzdivision“ für Katastrophenschutz, das Vorgehen, gegen Streikende und Aufständige in Zusammenarbeit mit der Polizei.

Generell sollen die „Sicherheitsbehörden“ gestärkt werden, Schwarz-Rot spricht im Koalitionsvertrag von einer „Zeitenwende der Inneren Sicherheit“, Söder sprach in der Pressekonferenz von „Law and Order“-Politik.
(Bundes-)Polizei und Verfassungsschutz sollen personell aufgestockt und mit „modernen digitalen Befugnissen“ ausgestattet werden. Im Klartext heißt das, mehr Ressourcen für digitale Überwachung, für Quellen-TKÜs bspw. durch Trojaner, biometrische Datensammlungen für Abgleiche Online und auf der Straße, eine Speicherpflicht von IP-Adressen und Ports oder automatisierte Kennzeichenerkennung für die Strafverfolgung.
Auch wird der Straftatenkatalog bei dem eine TKÜ (Telekommunikationsüberwachung) möglich ist ausgeweitet, sprich soll auch bei geringfügigeren Taten schneller zum Einsatz kommen.

Geplant ist außerdem eine „frühzeitige Erkennung entsprechender Risikopotenziale bei Personen mit psychischen Auffälligkeiten“. Was konkret damit gemeint ist, bleibt offen, klingt aber nach einem Vorstoß in Richtung großangelegter Gefährder-Datenbanken.
Die Verschärfung des §89 StGB (Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat) im Koalitionsvertrag ermöglicht in Zukunft, nicht nur Waffen oder Sprengstoff, sondern auch Alltagsgegenstände als relevante Tatmittel anzusehen. Nach Einschätzung von LTO schafft das eine Art Gesinnungsparagraphen, der der Polizei ermöglichen würde, allein aufgrund der angenommenen (politischen) Gesinnung eines Menschen Hausdurchsuchungen o.ä. vorzunehmen.

Klassenkampf von Oben

Dass in Deutschland zu wenig gearbeitet werde, mussten sich ArbeiterInnen hierzulande in den letzten Monaten wohl öfter anhören, als aushaltbar wäre, der Koalitionsvertrag lässt diesen inhaltsleeren Vorwürfen jetzt endlich auch Taten folgen.
Nach Koalitionsvertrag soll der einmal mühsam erkämpfte Acht-Stunden-Tag abgeschafft werden und an dessen Stelle eine wöchentliche Höchstarbeitszeit treten, die mal eben so Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden am Tag ermöglichen soll. Besonders auf Arbeitende in ohnehin arbeitszeitintensiven Jobs, wie bspw. in der Pflege oder Logistik wird hier massiv Druck aufgebaut.

Auch der Zugang zum Bürgergeld soll weiter erschwert werden, was vor allem höhere Mitwirkungspflichten für die EmpfängerInnen bedeutet. Auch soll das Bürgergeld, das in Zukunft „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ genannt wird, im Zweifelsfall vollständig entzogen werden können.
Der unter der Ampel eingeführte Anpassungsmechanismus, der dazu dienen sollte Einflüsse durch Inflation schneller auszugleichen wird von Schwarz-Rot wieder abgeschafft. Auch von der Stärkung von Aus- und Weiterbildungen durch das Jobcenter wird sich vollständig verabschiedet, der Fokus liegt auf Vermittlung. Wer also als SchülerIn in einem grundsicherungsabhängigen Haushalt lebt, soll nach dem Schulabschluss nahtlos in den erstbesten Drecksjob gezwungen werden können.

Dass zu wenig gearbeitet werde, ist schlichtweg eine dreiste Lüge. ArbeiterInnen in Deutschland schieben knapp 600 Millionen Überstunden vor sich her, die wegen der ohnehin schon hohen Arbeitsbelastung nicht abgebaut werden können und die sich mit derartigen Angriffen auf, von ArbeiterInnen vor uns erkämpfte Rechte, beschlossen von Firmenvorständen oder -lobbyisten, erst recht nicht abgebaut werden können.

Gleichzeitig ist im Koalitionsvertrag eine schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer ab 2028 geplant, die Schätzungen zufolge bereits im ersten Jahr Einsparungen von rund fünf Milliarden Euro für deutsche Kapitalgesellschaften bedeuten könnte. Auch verspricht die degressive „Turboabschreibung“ auf Ausrüstungsinvestitionen von 30% in den nächsten Jahren großen Unternehmen höhere Gewinne (die ab 2028 weniger besteuert werden).
Die Steuerentlastung für kleine Einkommen wird dagegen zwar angekündigt, um konkrete Maßnahmen bemüht man sich aber nicht.

Dass die neue Regierung zuerst an große Konzerne denkt, statt an die breite Masse, kann man ihr kaum verübeln, wirft man einen kurzen Blick auf die vorgeschlagenen Minister der beiden Regierungsparteien. Die designierte Energie- und Wirtschaftsministerin Reiche kehrt direkt vom Chefsessel des Energiekonzerns Eon zurück in die Politk, der nächste Kulturstaatssekretär Weimer ist selbst Medienunternehmer, Merz hat bekanntlich eine Vergangenheit als Lobbyist für Blackrock. Schon vor endgültiger Unterzeichnung des Koalitionsvertrags zeigt die neue Regierung deutlich, für wessen Klasseninteresse sie einsteht.

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