Kämpferische feministische Rede am 1. Mai

Im folgenden unsere kämpferische Rede vom 1. Mai:

Auch 2022 gibt es genug Gründe für einen lauten und kämpferischen 1. Mai.

Was sich in unserer Gesellschaft und auf internationaler Bühne abspielt, ist ein Weckruf: Ein neuer Krieg in Europa. Preissteigerungen und Inflation.
Arbeiter:innen haben weltweit mit Betriebsschließungen und Stellenabbau zu kämpfen. Dazu kommt ein Pandemiemanagement, das auf dem Rücken von Beschäftigten und vor allem uns Frauen ausgetragen wird. Wir Frauen springen ein, wenn die Kita aufgrund von Personalmangel früher schließt. Wir hören zu, wenn es keine Sozialarbeit an der Schule gibt. Wir kümmern uns, wenn die Familie aufgrund von Lockdown und Kurzarbeit belastet ist.

All dies verschlimmert die bestehenden Probleme:
Wir Frauen* verdienen immer noch fast 20 Prozent weniger als Männer.
Die Gewalt gegen Frauen steigt seit Jahren, Sexismus ist Alltag.
Erziehung, Pflege und Sorgearbeit wird vor allem von uns Frauen* geleistet, ob in unseren
Jobs, im Haushalt oder in der Nachbarschaft. Viel zu oft bleibt unsere Arbeit ungesehen. Viel
zu oft ist unsere Arbeit unterbezahlt oder unbezahlt. Viel zu oft bringt uns die Arbeit an unsere Grenzen.
Weil unser Alltag aus unbezahlter Care-Arbeit und schlechter bezahlter Lohnarbeit besteht, ist Frauenkampf auch immer Arbeitskampf. Deshalb stehen wir heute hier und bringen unsere Wut über die Verhältnisse zum Ausdruck.

Am aktuellen Streik des Sozial- und Erziehungsdienstes sehen wir, wie wenig die Arbeit von uns Frauen in der Gesellschaft gewertschätzt wird. Über 80% der Beschäftigten sind weiblich. Gerade in der Corona-Pandemie hatten es Kinderpfleger:innen, Erzieher:innen und Sozialarbeiter:innen besonders schwer. Was haben sie dafür bekommen? Lediglich ein wenig Applaus. Applaus zahlt keine Miete! Applaus zahlt keine Lebensmittel!
Die Zeit, die wir mit unserer Familie und FreundInnen verpasst haben, lässt sich niemals wieder aufholen.
Die SuE-Branche ist von Personalmangel geprägt. Das liegt zum einen an schlechten Arbeitsbedingungen, zum anderen an grundsätzlicher Unterbezahlung. Ein Teufelskreis.
Die Tarifverhandlungen laufen noch, der Arbeitgeberverband stellt sich mal wieder quer.
Gleichzeitig werden 100 Milliarden für Militär und Tötungsmaschinerie einfach mal so aus dem Ärmel geschüttelt. In Anbetracht der hunderten Stunden zusätzlicher Arbeit einer jeden einzelnen von uns, fühlt sich das an wie ein Schlag ins Gesicht.

Wir solidarisieren uns mit den Arbeitskämpfen im SUE-Bereich und allen weiteren Beschäftigten, die in ihren Gewerkschaften für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.

Care-Arbeit – ob unbezahlt zu Hause oder schlecht bezahlt im Job- hält dieses System am Laufen. Würden wir Frauen unsere Arbeit niederlegen, stünde die Welt still.
Der Staat baut darauf, dass wir Frauen uns auch weiterhin doppelt ausbeuten lassen. Aber wir wehren uns! Wir lassen uns das nicht weiter bieten!

Wir kämpfen für eine Gesellschaft, in der wir wichtige und gesellschaftlich notwen¬dige Arbeit leisten können, ohne dabei selbst arm zu werden. Eine Gesellschaft, in der nicht Profite, sondern gegenseitige Fürsorge und die Bedürfnisse der Menschen im Mittelpunkt stehen. Wir wollen nicht ausgenutzt und vergessen werden!

Um eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten überhaupt zu ermöglichen, müssen wir endgültig mit diesem Gesellschaftssystem und seiner rücksichtslosen Ausbeutung von Mensch und Natur brechen! Wir brauchen ein System fernab des Kapitalismus!
Nieder mit dem Patriarchat, alle Macht dem Proletariat!

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