Unser feministischer Widerstand gegen die SiKo22
Am Samstag, 19.02.22 findet ihr uns auf der Demo gegen die Sicherheitskonferenz in München. Im folgenden Text erklären wir, warum wir es auf feministischer Perspektive wichtig finden, gegen die Sicherheitskonferenz auf die Straße zu gehen
Triggerwarnung: der folgende Text handelt u.a. von (sexualisierter) Gewalt
Frauen kämpfen international – gegen Faschismus, Krieg und Kapital!
Als Feministinnen mit proletarischem Klassenbewusstsein blicken wir weltweit auf die Kämpfe unserer Schwestern. Wir stehen solidarisch mit allen Menschen, die sich für die Befreiung der Frau und eine Gesellschaft ohne Unterdrückung einsetzen.
Brandaktuell blicken wir nach Syrien, in die befreite Region Rojava. Vor rund einer Woche hat die Türkei ihren Angriffskrieg verschärft und weiter bombadiert.
Ein Angriff auf Rojava ist ein Angriff auf uns alle, denn die Region ist aktuell eines der fortschrittlichsten Gesellschaftsysteme weltweit. Die autonome Region in Nordsyrien ist stark von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und deren Mitbegründer Abdullah Özcalan geprägt. Diese wird von der BRD und weiteren westlichen Staaten kriminalisiert und als „Terrororganisation“ eingestuft. Daher werden auch in Deutschland oftmals bereits solidarische AktivistInnen aufgrund ihrer Unterstützung mit massiven Repressionen überzogen.
Der Kapitalismus erzwingt durch seine Ausbeutungsmechanismen ein Patriarchat. Doch in Rojava ist ein Leben frei von beiden Unterdrückungsformen möglich.
Frauen spielten bereits während der Revolution eine entscheidende Rolle. Frauen sind an allen gesellschaftlichen Prozessen gleichermaßen beteiligt, das zeigt sich z.B. durch Frauenräte, Basisorganisationen und Bildungszentren für Frauen und das Hevserok-System (die „Doppelspitze“). Letzteres bedeutet, dass überall das Prinzip der Doppelspitze gilt. Die Koordination wird in jeder Institution z.B. in einer Kommunalverwaltung oder einem Gericht von zwei Personen übernommen, eine von ihnen ist eine Frau.
Frauen sind nicht nur auf politischer und sozialer Ebene aktiv, sondern haben auch einen großen Anteil an der Selbstverteidigung. Sie kämpfen in bewaffneten Einheiten, u.a. der Frauenverteidigungskräfte der YPJ. Sie waren maßgeblich diejenigen, die entscheidende Schläge gegen den IS ausführten. Ohne diese Selbstverteidigungseinheiten würde Rojava heute nicht mehr existieren.
In Polen zeigten Frauen vor 2 Jahren, welche immensen Kräfte Sie auf die Straße bringen können. Nachdem das polnische Verfassungsgericht im Oktober 2020 Schwangerschaftsabbrüche auch bei schwer fehlgebildeten Föten untersagte und somit die bereits bestehende reaktionäre Gesetzgebung weiter verschärfte, trat dies massive Proteste in ganz Polen los. Diese wurden von den staatlichen Sicherheitskräften brutal angegriffen und es wurde massive Gewalt gegen Demonstrierende angewendet.
Dieses untragbare Gesetz forderte Tote. Bereits mehrere Frauen sind in den letzten Monaten durch einen septischen Schock ums Leben gekommen.
Die Situation im Land verschärft sich immer mehr, da die regierende nationalistisch- konservative PiS ihre Macht ausbaut, das Verbot noch weiter verschärfen will und sämtliche „unabhängige“ Institutionen vereinnahmt, sowie jeglichen Aktivismus kriminalisiert.
Die feministischen Kämpfe in Südamerika motivieren uns. Argentinien hat es geschafft, Femizid als offiziellen Strattatbestand ins Gesetzbuch aufzunehmen. Femizide gelten als erschwerende Straftatbestände zum Mord und werden mit lebenslanger Haft bestraft.
Chile erklomm 2017 einen Meilenstein beim Thema der körperlichen Selbstbestimmung: Schwangerschaftsabbrüche sind dort nun unter Umständen straffrei: nach einer Vergewaltigung, bei Lebensgefahr für die Mutter sowie tödlichen Erkrankungen des Fötus.
Bis 2017 war jegliche Form von Abtreibung verboten. Eine erneute Reform scheiterte Anfang Dezember 2021 vor dem erzkonservativen Abgeordnetenhaus.
Unsere Nachbarinnen in der Schweiz kämpfen jedes Jahr erneut um ihre Rechte am 8. März. Anlässlich des Frauenkampftages kam es 2021 bei einer kämpferischen Demonstration in Basel zu Ausschreitungen. Die Polizei ging gegen diese gewaltsam mit Gummigeschossen und Wasserwerfern vor und nahm mehrere Aktivistinnen fest.
Die internationale Perspektive zeigt uns: Veränderung ist möglich. Der Kampf um Freiheit, Selbstbestimmung und Gleichberechtigung wird auf der Straße entschieden. Als starke Masse können wir gemeinsam unseren Wunsch nach einer besseren, gerechten Welt vorantreiben. Wir sehen aber auch: Wer Veränderung will, muss selbst aktiv werden.
Frauen kämpfen international – gegen Faschismus, Krieg und Kapital!
Ob Bolsonaro in Ungarn, Trump in den USA, Erdogan in der Türkei oder Gauland in Deutschland – Der Faschismus hat immer eines gemeinsam: die Unterdrückung der Frau. Neben Ausbeutung, Diskriminierung von Minderheiten und Politik für einige wenige Reiche, steht bei allen eines ganz oben auf der Agenda: Die Abschaffung von Frauenrechten und die Reduzierung der Frau auf die Rolle der Hausfrau und Mutter.
Faschisten und Faschistinnen wollen uns und sich selbst das Selbstbestimmungsrecht über den eigenen Körper verwehren, denn freie Frauen bekommen weniger Kinder. Sie wollen die Vereinbarkeit von Beruf und Familie weiter erschweren. Wir Frauen sollen nicht mehr arbeiten gehen und uns ganz dem Haushalt und der Familie widmen. Das bedeutet den direkten Weg in die finanzielle Abhängigkeit des Partners. Finanzielle Abhängigkeit bedeutet Unterlegenheit und erschwert konkret z.B. eine Trennung. Im Falle häuslicher Gewalt wären wir in einem faschistischen System gezwungen, weiter bei unserem gewalttätigen Partner zu bleiben.
Faschisten erkennen Gewalt gegen Frauen nicht an. Zuletzt sorgte der türkische Diktator Erdogan für Empörung, als er aus der Istanbul Konvention ausgetreten ist. Die Istanbul Konvention ist ein völkerrechtlicher Vertag, mit dessen Unterzeichnung sich 46 Mitgliedsstaaten verpflichten, Frauen vor jeglicher Form von Gewalt zu schützen. Auch wenn der Vertrag in den wenigsten Ländern, auch nicht in Deutschland, richtig umgesetzt wird, ist ein Austritt ein deutliches Zeichen und ein Angriff auf uns alle.
Als sehr erhellende Lektüre zum Thema Frauen im Faschismus erweist sich hier das aktuelle Wahlprogramm zur Bundestagswahl der AfD. In dem Kapitel „Familie und Kinder“ wird deutlich, wie sich die Faschisten die Rolle der Frau vorstellen.
Beispielsweise heißt es im Kapitel „Familien stärken & fördern“ auf Seite 104: „Eine Fortsetzung der herrschenden, familienzersetzenden Politik wird die demografische Katastrophe, in die wir geraten sind, weiter verschlimmern. Am Ende dieses Prozesses steht auch der Zusammenbruch der sozialen Sicherungssysteme und letztlich unserer kulturellen Identität.“ Übersetzt heißt das: es werden nicht genug „deutsch“ aussehende (also blond und blauäugige) Kinder geboren. Den Grund dafür hat die AfD auch direkt parat:
„Der Gedanke einer vorrangigen „Selbstverwirklichung” hat dazu geführt, zugunsten von Einkommen und Karriere Kinderwünsche zurückzustellen oder gänzlich aus der eigenen Lebensplanung zu verdrängen.“ (S. 105)
Wie können wir Frauen es wagen, uns selber zu verwirklichen und nicht unser ganzes Leben der Fortpflanzung des deutschen Volkes zu verschreiben.. Das von der AfD geforderten Prämien erinnern an das Mutterkreuz im Dritten Reich.
Der Faschist sieht im Feminismus und der Befreiung der Frau seinen eigenen Untergang, denn seine Männlichkeit definiert er darüber, Frauen zu unterdrücken. Deshalb sieht er es als seine Aufgabe, uns Frauen kleinzuhalten, uns auf die Rolle als Mutter und Hausfrau zu reduzieren und all die hart erkämpften Rechte wieder wegzunehmen.
Das ist einer der Gründe, warum der Faschismus und alle, die ihm angehören, mit allen den uns zu Verfügung stehenden Mitteln an der Wurzel bekämpft werden müssen.
Im Faschismus ist die Regierung immer unweigerlich mit dem Militär verknüpft. Nationalismus und Militarismus gehen Hand in Hand. Faschismus wird immer in Krieg münden, denn der Faschist hat den Anspruch, sein Territorium zu erweitern zu seine Ideologie zu verbreiten. Faschismus bedeutet Krieg gegen die eigene Bevölkerung, gegen uns Frauen, gegen Homosexuelle, Transpersonen und alle weiteren, die nicht in das binäre und traditionelle Weltbild der FaschistInnen passen.
Frauen kämpfen international – gegen Faschismus, Krieg und Kapital!
Krieg ist die extremste Zuspitzung patriarchaler Verhältnisse. Krieg bedeutet Tod, Leid und auch immer: sexualisierte Gewalt. Kurdische Freiheitskämpferinnen tragen Sprengstoff bei sich, um sich im Falle einer Festnahme türkischer Söldner mit dem eigenen Tod vor den drohenden Vergewaltigungen zu schützen.
Im Krieg wird Vergewaltigung als Waffe systematisch eingesetzt, um die Bevölkerung zu brechen und den Feind zu bestrafen, indem man „sein Eigentum“ demütigt. Vergewaltigungen werden als militärisches Kalkül eingesetzt: sie schüchtern die Gegner ein und demoralisieren die Opfer.
Bereites die Sprache des Krieges folgt einer Rape Culture Rhetorik: Die „Eroberung der Neuen Welt“, das Einnehmen „jungfräulicher Kontinente“ oder das „Eindringen in unbekannte Landstriche“.
Noch ist kein Krieg ohne diese bestialischen Kriegsverbrechen ausgekommen. Täter sind Soldaten jeglicher Herkunft. An dieser Praxis werden auch weiblich gelesene Soldaten nichts ändern, denn Vergewaltigung ist ein Teil des militärischen, patriarchalen Gedankenguts. Nicht nur in der US-Armee, auch in Deutschland berichten Soldatinnen immer wieder von sexuellen Übergriffen seitens ihrer männlichen Kollegen und/oder Vorgesetzen.
Krieg ist unweigerlich mit der Unterdrückung der Frau verbunden. Selbst wenn die Kriege der Zukunft anders geführt werden, z.B. durch Drohnen, automatisierte Geschosse oder Cyberwar, leiden immer die zuerst, die sich sowieso schon am unteren Rand der Gesellschaft befinden.
Eine Gesellschaft ohne Krieg ist eine Gesellschaft frei von patriarchalen und kapitalistischen Machtstrukturen.
Frauen kämpfen international – gegen Faschismus, Krieg und Kapital!
Krieg ist immer eine Frage von Besitz. Ob Land, Öl oder andere Reichtümer. Reiche Menschen streiten sich um mehr, mit verheerenden Folgen für die Zivilbevölkerung.
So auch die aktuellen Kriege weltweit. Die USA schürt mit ihrem imperialistischen Weltbild immer weiter Feuer, um diese dann löschen zu können und dabei gleichzeitig das Land zu besetzen.
Der aktuelle Ukraine Konflikt ist das Ergebnis einer jahrelangen imperialistischen NATO-Ost-Erweiterung, welche gegen alle mit Putin vereinbarten Regeln verstößt und die berechtigen Sicherheitsinteressen Russlands angreift. Wir stehen nicht solidarisch mit Russland, so wie wir mit keinem kapitalistischen Land solidarisch stehen. Aber wir solidarisieren uns mit allen, die sich gegen kapitalistische Zustände wehren und für eine bessere und gerechte Welt kämpfen. So auch die AktivistInnen auf der Demonstration gegen die diesjährige Sicherheitskonferenz im München.
Bei der Siko geht es nicht um Sicherheit. Die Siko ist im Grunde eine Werbeveranstaltung der NATO, bei denen sich PolitikerInnen, Geheimdienste und führende Köpfe aus der Industrie versammeln, um bei Hummer und Champagner den Rüstungsempfehlungen der NATO zu lauschen. Unter dem Deckmantel der Sicherheit verschaffen sich die NATO-Länder eine Rechtfertigung für die Milliarden Rüstungsausgaben für Kriegseinsätze, die sie uns als „Friedensmissionen“ verkaufen.
2020 haben die NATO-Staaten unfassbare 1.100 Mrd. Dollar für ihre Militärs ausgegeben. Welch Perversion des Kapitalismus, wissen doch die wenigsten von uns, mit wie vielen Nullen man jetzt diese Zahl eigentlich richtig schreibt.
„Aber wir haben doch jetzt eine grüne Regierung!“
Das dachte sich auch die liebe Anna-Lena und hat gleich mal Atomwaffen-Trägerflugzeuge für schlappe 8 Milliarden Euro in den USA bestellt. Scheiss auf den Klima-Wandel, Anna-Lena spielt jetzt mit ihren neuen bewaffneten Kampfdrohnen! Egal wen wir im Kapitalismus wählen – ob rot, grün, oder pastellblaulilakariert – in diesem System folgen alle denselben Spielregeln. Und diese bestimmen nicht die PolitikerInnen, nicht die JuristInnen und erst recht nicht das Volk. Diese Spielregeln schreibt das Kapital.
Wenn wir wollen, dass Kriege enden und keine neuen entstehen, brauchen wir ein Ende des Kapitalismus. Wir brauchen ein System, was nicht nach unendlichem Wachstum strebt und dabei völlig verkennt, dass sowohl der Mensch als auch unser Planet nur begrenzte Ressourcen bietet. Dafür kämpfen wir!
Frauen kämpfen international – gegen Faschismus, Krieg und Kapital!
Wir sehen uns im antikapitalistischen Block auf der Demo am 19.02.2022!
Zum Weiterlesen:
Offizieller Aufruf zur Siko22 | Der NATO in den Rücken fallen